Notar rät zur Beantragung eines nicht erforderlichen Erbscheins

Der Notar darf nur die Gebührenkosten einfordern, die auch bei richtiger Sachbehandlung angefallen wären.

Im vorliegenden Fall hatte die Erblasserin eine Bekannte, die sich vor ihrem Tode um sie gekümmert hatte, als Alleinerbin eingesetzt. Das Erbe bestand aus zwei Sparguthaben. Nach dem Tod der Erblasserin ließ sich die Erbin von einem Notar beraten. Dieser sagte ihr, dass sie einen Erbschein beantragen müsse. Diesem Rat kam die Alleinerbin auch nach und beantragte einen Erbschein beim Nachlassgericht. Zur Abwicklung der Erbschaft wurde von der Erbin jedoch an keiner Stelle ein Erbschein gefordert.

Das Landgericht Münster kam zu der Überzeugung, dass der Notar den Fall unrichtig behandelt habe. Eine unrichtige Sachbehandlung liege vor, wenn der Notar offensichtlich gegen eindeutige gesetzliche Normen verstößt oder ihm ein anderes deutliches Versehen unterlaufen ist. Im vorliegenden Fall habe der Notar die Umstände des Einzelfalls nicht berücksichtigt. Er hätte die Erbin über die Möglichkeit, die Abwicklung des Nachlasses ohne einen Erbschein zu versuchen, aufklären müssen. Um den Willen der Erbin zu ermitteln, hätte er sie fragen können, ob sie das Sparguthaben möglichst schnell benötige, da bei einer Abwicklung ohne Erbschein eventuell Verzögerungen auftreten können. Letztlich hätte der Notar die Entscheidung für oder gegen einen Erbschein der Erbin überlassen müssen. Die Erbin hat daher gegen den Notar einen Schadensersatzanspruch in Höhe der im Erbscheinsverfahren entstandenen Gerichtskosten. Zudem darf der Notar von ihr nur diejenigen Gebühren verlangen, die auch bei zutreffender Sachbehandlung angefallen wären.
 
LG Münster, Urteil LG Muenster 5 OH 42 16 vom 15.05.2017
Normen: GNotKG, 127, 21 Abs. 1 S. 1
[bns]